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Die Aggressivität des Straßenverkehrs

@mauerschauer 0

Wer sich fragt, warum der Ton in der Stadt und zwischen den Menschen rauer geworden ist, der muss – wenn er halbwegs in der Innenstadt wohnt – nur einen Blick aus seinem Fenster zur Straße werfen. Ab morgens um acht geht es los und lässt an vielen Tagen auch im Laufe des Tages kaum nach: Dauerstau längst nicht mehr nur auf den Hauptstraßen, sondern getrieben von der Hoffnung auf ein paar gesparte Minuten zunehmend auch in den Nebenstraßen, die eigentlich Wohnstraßen sein sollten.

Während der vielen Stunden des sogenannten Berufsverkehrs reiht sich nur noch Auto an Auto, dazwischen noch Lieferverkehr, Müllfahrzeuge, schwere Laster. Und all dies, so scheint es, ohne auch nur eine Spur von verkehrspolitischem Konzept, wie das funktionieren soll, ohne Tote und Verletzte zu produzieren. Und genau deswegen produziert dieses Verkehrsinferno auch jeden Tag Tote und Verletzte.

Und es produziert Stress: Bei den Fahrern und Fahrerinnen genauso wie bei den Anwohnern und Anwohnerinnen, die kaum noch sicher über die Straße gehen können, beim Schulweg der Kinder schon ein mulmiges Gefühl bekommen und zu allem Überfluss auch noch mit Lärm und Gestank terrorisiert werden.

Aber das scheint in der Berliner Politik in dieser Dramatik kaum wahrgenommen zu werden. Ich verfolge ja wirklich die hiesige Politik recht intensiv aber fast niemand stellt mal deutlich Fragen wie:

  • Wie viele Autos lassen wir eigentlich in die Stadt hinein? Wann ist einfach mal Schluss?
  • Was machen wir mit dem stark angewachsenen Lieferverkehr? Wie können wir den umgestalten?
  • Was machen wir dagegen, dass in jedem Auto nur eine Person sitzt?
  • Wie machen wir die Übergänge für Fußgänger und Radfahrer wieder sicher?
  • Warum gibt es in der Stadt keine konsequente Rotlichtüberwachung und eine entsprechende gefährliche Disziplinlosigkeit?
  • Warum gibt es in der Innenstadt immer noch keine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung während aber jeder Quadrameter Wohnung für teurstes Geld verkauft oder vermietet wird?

Im Augenblick gilt auf der Straße weitgehend das Gesetz des Stärkeren, also Anarchie, sprich: Die faktische Gewaltherrschaft des Straßenpanzers und Schwerlasters, die dich und deine Familie plattwalzen (Stichworte „übersehen“,  „Augenblicksversagen“, „Krampfanfall“), wenn du ihnen im Weg bist, ganz egal, ob du Vorfahrt oder eine grüne Ampel hast. Oder wie mein freundlicher amerikanischer Nachbar es sehr treffend gesagt hat: „Das ist Wilder Westen“.

Neulich habe ich den Fahrer eines Reisebusses eines ortsansässigen Busunternehmens angesprochen, der sein Fahrzeug im absoluten Halteverbot abgestellt hat:

So macht man aus einer breiten, sicheren Straße eine Mausefalle. Einfach die sinnvollen Regeln ignorieren.

Ich: „Entschuldigung, Sie wissen schon, dass Sie im absoluten und uneingeschränkten Halteverbot stehen, obwohl auf der andern Straßenseite extra Busparkplätze ausgewiesen sind?“
Er: „Ja“
Ich: „Und Ihnen ist auch klar, dass Sie die Fahrbahn in gefährlicher Weise verengen, weil Sie direkt gegenüber eines korrekt abgestellten Busses stehen?“
Er: „Ja“
Ich: „Aber das ist Ihnen egal, richtig?“
Er: „Ja“

Und das Schlimme daran ist, dass er vollkommen Recht hat. Es kann ihm vollkommen egal sein. Wenn man Gewalt ablehnt, dann kann nichts dagegen tun. Ich habe Vieles versucht, u.a. die Polizei angerufen oder Mails an die Arbeitgeber solcher Kraftfahrer geschrieben. Am Ende nutzt es: Nichts.

Und das ist so schlimm geworden, weil wir seit zehn Jahren Autominister haben die aus einem Bundesland kommen, in denen die Automobilindustrie einen Großteil der Arbeitsplätze und den Machterhalt der entsprechenden Autopartei sichert. Das klingt nach einer zu einfachen Erklärung? Tja, die Realität ist nicht immer so komplex, wie man denkt…

Und das alles zusammen, das kann einen dann schon mal ziemlich aggressiv und wütend machen. Und das ist dann auch völlig in Ordnung so.

Insofern ist nicht die Aggression als solche das Problem unserer Gesellschaft. Nein, das Problem ist die Anarchie auf der Straße! Die macht selbst friedliebende Leute zunehmend aggressiv und ich frage mich manchmal, ob das nicht der eigentliche Plan ist… uhhh. Das würde zumindest einen Sinn ergeben.

Autos raus, das ist unser Auftrag.

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